Nachklang "Tiere essen"

Zwischen dem 16. November und 7. Dezember haben wir im Rahmen des SNF-Projekts «Die Lebensreformbewegung in der Schweiz im 20. Jahrhundert» und in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Allgemeine Moraltheologie und Ethik der Universität Fribourg unsere zweite Vorlesungsreihe durchgeführt. Nachdem im letzten Jahr unter dem Titel „Anders leben / Vivre autrement“ vier Referate zu lebensreformerischen Lebensentwürfen stattfanden, haben wir uns diesen Herbst ganz auf den Fleischkonsum und -verzicht konzentriert.

Der Vegetarismus war eines der Verbindungsstücke, das die ansonsten sehr unterschiedlichen Akteure der Lebensreform miteinander verband. Ob in der Naturheilkunde, der Freikörperkultur oder der Ernährungsreform – die vegetabile Ernährung war eine entscheidende Praktik in der selbstgewählten Lebensweise der Lebensreformer und Lebensreformerinnen. Heute besitzen alle Supermärkte, Discounter und Grossverteilen fleischfreie Produktlinien. Aber schon um 1900 entstanden im Umfeld der Lebensreformbewegung die ersten vegetarischen Restaurants und Pensionen wie auch Reformhäuser mit spezialisierten Nahrungsmitteln. So kam es schon in den 1920er und 1930er Jahren zum ersten Vegetarismus- und Rohkost-Boom, der weit über die lebensreformerischen Kreise hinausreichte.

Die Argumente für eine fleischfreie Ernährung sind heute wie damals sehr vielfältig. Sie reichen von gesundheitlichen, über tierethische und religiöse bis zu ökonomischen und ökologischen Standpunkten. Um diesen komplexen Diskussionen über die Nutzung der Tiere als Nahrungsmittel auf den Grund zu gehen, haben wir für die zurückliegende Vortragsreihe einen interdisziplinären Ansatz gewählt. Wir haben uns nicht nur mit den historischen Entwicklungen des Fleischkonsums beschäftigt, sondern auch die ethischen Debatten über die Rechte der Tiere reflektiert, die theologischen Dimensionen kennengelernt und über die aktuellen Praktiken diskutiert.

Wie schon die letzte Vortragsreihe haben auch die neuen Veranstaltungen grosses Interesse, sowohl bei Studierenden, dem Mittelbau und den ProfessorInnen, aber auch bei ausserakademischen BesucherInnen hervorgerufen. Das führte zu einer gesellschaftlichen Durchmischung, die man selten bei kleinen, universitären Anlässen findet. Nicht nur für die Wissensvermittlung, auch für die engagierten Diskussionen war das ein grosser Gewinn. Sehr gefreut haben wir uns auch, dass die abschliessende französischsprachige Veranstaltung genauso gut aufgenommen wurde wie die deutschsprachigen Referate. Wie immer kam auch das selbergemachte Buffet sehr gut an. Damit erfüllte auch das morgendliche Waschen, Rüsten, Schnippeln und Schneiden von Gemüse, Früchten, Käse und Brot seinen Zweck.