Tagung Mühsam in Meiningen

Die Verbindungen zwischen Anarchismus und Lebensreform wurden bisher kaum untersucht. Die Fachtagung „Erich Mühsam in Meiningen. Ein historischer Überblick zum Anarchosyndikalismus in Thüringen: Die Bakuninhütte und ihr soziokultureller Hintergrund“ (11.06.15-14.06.15) machte aber deutlich, dass es verblüffende Übereinstimmungen zwischen diesen Denkweisen gibt.  (Zum Flyer…)

Die Vorträge wurden durch einen Besuch der Ausstellung „‚Sich fügen heißt lügen!‘ Erich Mühsam, Anarchisten in Meiningen und die Bakuninhütte“ im Schloss Elisabethenburg in Meiningen (eine gewisse Ironie lässt sich bei diesem Ausstellungsort nicht absprechen) und einen Ausflug zur Bakuninhütte auf der Hohen Maas komplementiert.

Erich Mühsam (06.04.1878 in Berlin geboren – 10.07.1934 im KZ Oranienburg ermordet) war nicht nur Anarchist, er pflegte auch vielfältige Beziehungen zur europäischen Bohème und zu lebensreformerischen Kreisen. So besuchte er auch mehrmals den „Monte Verità“ und hinterliess einige amüsante literarische Zeugnisse über das Leben der Siedler, Vegetarier und Sonnenanbeter in Ascona (u.a. ein "alkoholfreies Trinklied" 1905). Eine seiner unzähligen Reisen führte ihn auch in das thüringische Meiningen. Dort hatte sich kurz nach dem Ersten Weltkrieg die anarchosyndikalistische Bewegung ausgebreitet. Eine Ortsgruppe der „Freien Arbeiter-Union Deutschlands“ (FAUD) begann in der Krisenzeit ein Stück Land auf der Hohen Maas zu bewirtschaften, um die Versorgungsengpässe zu mildern. 1925 wurde eine Schutzhütte errichtet, die später in mehreren Etappen ausgebaut wurde. Die Bakuninhütte wurde in der Folge nicht nur für Anarchisten, sondern auch für Akteure aus dem Spektrum der Jugend- und Lebensreformbewegung zu einem Anziehungsprunkt. Neben Vorträgen, Wochenendausflügen und Ferienlagern wurde auch eine „Arbeiterkolonie“ geplant. Auch das Nacktbaden gehörte dazu. Die Nationalsozialisten beendeten jedoch 1933 sämtliche anarchistischen und lebensreformerischen Aktivitäten auf der Hohen Maas. In den folgenden Jahrzehnten wechselte der Besitzer der Hütte mehrfach: Nach der Nutzung durch NS-Jugendorganisationen ging sie zwischenzeitlich in Privatbesitz über. Mit dem Kriegsende folgte die Nutzung durch die FDJ, in den 1960er Jahren durch die „Natur- und Heimatfreunde" und schliesslich wurde sie Teil eines Übungsgelände der „Bereitschaftspolizei“ der DDR. Nach der Wende machten sich Anarchisten aus dem Westen und Jugendgruppen aus der Region auf die Suche nach der Bakuninhütte. Damit Begann die Wiederentdeckung eines fast vergessenen Ortes: Um den Verfall zu stoppen wurde die Hütte 2005 gekauft und der Unterstützungsverein „Wanderverein Bakuninhütte e.V.“ gegründet.

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