Stefan Rindlisbacher: Lebensreform in der Schweiz (1850-1950) - Vegetarisch essen, nackt baden und im Grünen wohnen

 

Die Dissertation ist 2022 im Peter Lang Verlag in der Reihe "Zivilisationen und Geschichte" erschienen. Das Buch kann beim Verlag oder im Buchhandel (z.B. ex libris) bestellt werden. Wegen der Förderung durch den Schweizerischen Nationalfond wird das eBook (PDF, ePUB, MOBI) kostenlos und frei zugänglich (Open Access) zur Verfügung gestellt. Sie können gerne zur Verbreitung der Publikation beitragen, indem Sie das eBook teilen und zum Download anbieten.

 

Immer mehr Menschen achten heute auf eine ausgewogene, möglichst vegetarische Ernährung mit biologisch hergestellten Lebensmitteln, sie trainieren ihren Körper mit Yoga, Gymnastik und Achtsamkeitsübungen und vertrauen auf naturheilkundliche Behandlungsmethoden. Ihre Freizeit verbringen sie am liebsten in der freien Natur bei Sport, Wanderungen und Bergtouren und auch ihr Zuhause soll möglichst im Grünen liegen oder zumindest über einen grossen Garten verfügen. Die vorliegende Studie untersucht die historischen Ursprünge dieser Suche nach einem gesunden und naturverbundenen Lebensstil in der modernen Gesellschaft. Sie erzählt und analysiert die Geschichte der Lebensreform in der Schweiz zwischen 1850 und 1950.

 

Im 19. Jahrhundert veränderte sich das alltägliche Leben in der Schweiz in rasantem Tempo. Immer mehr Menschen zogen in die Städte, um in Fabriken und Büros zu arbeiten. Dort klagten viele über enge Wohnverhältnisse, ungesunde Nahrungsmittel, schlechte Luft, Lärm und Stress. Zugleich löste der Verlust traditioneller Bindungen, die Anonymität in den wachsenden Städten und die überwältigende Auswahl an neuartigen Freizeitaktivitäten und Konsummöglichkeiten bei zahlreichen Menschen ein Gefühl der Orientierungslosigkeit aus. Gegen diese negativen Begleiterscheinungen der aufkommenden Industrie- und Konsumgesellschaft propagierten Lebensreformerinnen und Lebensreformer zahlreiche Gesundheitspraktiken wie beispielsweise vegetarische Ernährung, Alkohol- und Tabakabstinenz, verschiedene Körperübungen oder Naturheilanwendungen sowie mentale Selbsthilfetechniken, Psychoanalyse und vielfältige Spiritualitätsangebote. Diese Studie untersucht die lebensreformerischen Praktiken und die damit verbundenen Diskurse über Gesundheit, Natur und Körper. Es wird herausgearbeitet, wie lebensreformerische Akteure einen gesellschaftlichen Wandel durch eine selbstreformerische Veränderung des persönlichen Lebensstils anstrebten und sich dazu in lebensstilorientierten Bewegungen organisierten, Versammlungsorte und Siedlungen aufbauten, zahlreiche Bücher und Zeitschriften herausgaben, Unternehmen gründeten, Produkte vermarkteten und sich in politischen Parteien engagierten.

 

Die Studie ist in fünf Teile gegliedert. Sie beschreibt zunächst die Ausbreitung naturheilkundlicher Wasseranwendungen, Diäten, Licht- und Luftkuren und die Eröffnung erster Naturheilanstalten in der Schweiz seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Danach werden die Etablierung der vegetarischen Bewegung um 1900 und der Aufbau alternativer Konsumangebote durch vegetarische Restaurants und Reformhäuser dargestellt. Der dritte Teil handelt vom Aufkommen der Jugendbewegung vor dem Ersten Weltkrieg, die mit ihren alkoholabstinenten Wanderungen, Bergtouren und Ferienlagern neuartige Freizeitaktivitäten in der Schweiz bekannt machte. Der Fokus liegt anschliessend auf der Reformpädagogikbewegung, die in der Zwischenkriegszeit eine wichtige Rolle bei der Verbreitung der Lebensreform in Landerziehungsheimen, Lehrerseminaren und Volkshochschulen spielte. Die Studie schliesst mit der Freiwirtschaftsbewegung, die selbstreformerische Gesundheitspraktiken mit wirtschaftspolitischen Forderungen wie beispielsweise einer Geld- und Bodenreform verknüpfte und in den 1930er und 1940er Jahren in der Schweiz politisch höchst aktiv war.

 

Rezensionen:

Johannes Bosch auf hsozkult.de und infoclio.ch

Bernd Wedemeyer-Kolwe im Bayerischen Jahrbuch für Volkskunde

Stéphanie Chapuis-Després in Revue de l'IFHA

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2010 Bachelor of Arts in Zeitgeschichte und Deutscher Literaturwissenschaft an der Universität Fribourg.

 

2012 Master of Arts in Zeitgeschichte und Deutscher Literaturwissenschaft an der Universität Fribourg und der Freien Universität Berlin.

 

Titel der Masterarbeit: „Irrwege aus der Krise der 'modernen' Industriegesellschaft. Eine kulturgeschichtliche Untersuchung zur Entstehung, Etablierung und Institutionalisierung der Schweizer Freikörperkulturbewegung"

 

Zwischen 2014 und 2021 Diplomassistent, Lehrbeauftragter und Doktorand am Departement für Zeitgeschichte an der Universität Fribourg; Dissertation zur Lebensreformbewegung in der Schweiz zwischen 1850 und 1950 im Rahmen des SNF- Forschungsprojekt "Die Lebensreformbewegung in der Schweiz im 20. Jahrhundert".

 

Titel der Dissertation: Lebensreform in der Schweiz - Vegetarisch essen, nackt baden und im Grünen wohnen.

 

2020 Kurator der Ausstellung "Lebe besser! Auf der Suche nach dem idealen Leben" im Bernischen Historischen Museum.

 

Seit 2022 Fellow am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam und Instituts für Zeitgeschichte der Universität Wien im Rahmen eines SNF-Postdoc.Mobility-Stipendiums (siehe dazu...).

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